Anreise nach São Miguel
Bei allerschönstem Sonnenschein ging es am Mittwoch sehr früh morgens mit dem Zug von Bremen nach Frankfurt. Von dort sollten wir mit der SATA Air nach Ponta Delgada (in nur 4,5 Flugstunden), der Inselhauptstadt São Miguels, fliegen. Bevor meine Azorenrundreise aber richtig losgehen konnte, musste die gesamte Reisegruppe des Flugzeugs noch 40 Minuten warten, denn der Flieger hatte Verspätung – auch das kann natürlich einmal passieren. Mit Sonnenschein und gut gelaunten Leuten in der Wartehalle war die Zeit aber auch schnell überbrückt. Im Flugzeug wurde uns dann erklärt, dass aufgrund von Streiks beim Bodenpersonal in Frankreich der gesamte Luftraum über Frankreich gesperrt sei und wir deshalb auf eine Flugerlaubnis über den Luftraum Großbritanniens warten würden, was dann nochmals eine halbe Stunde dauerte. Mit insgesamt eineinhalb Stunden Verspätung landeten wir auf São Miguel im Regen und bei starkem Wind. Der kleine Flughafen war sehr übersichtlich, sodass man sich gleich zurechtfand. Kaum hatten wir das Flugzeug verlassen, gab es schon eine frische und angenehme Meeresbrise. In der Flughafenhalle wurde ich schon von meinem Fahrer und Guide für die nächsten zwei Tage erwartet. Diogo spricht hervorragend Deutsch, da er in Nürnberg gelebt hat und immer wieder gerne nach Deutschland kommt – besonders zur Zeit der Weihnachtsmärkte. Er ist daher neben der Agenturchefin unserer Partneragentur auch ein guter Ansprechpartner für unsere Gäste, die sich mit Englisch schwer tun und außerdem eine sehr hilfsbereite Person. Da es schon abends war, blieb nicht mehr viel Zeit für Erkundungen. Ich habe mir noch drei Unterkünfte in Ponta Delgada angesehen, die wir unseren Kunden gerne anbieten und mich ein wenig mit dem Personal unterhalten. Danach habe ich noch einen kleinen Spaziergang durch die kleine, beschauliche Stadt gemacht, bevor es dunkel und ich völlig erschöpft war. Durch die Zeitverschiebung von zwei Stunden zurück war es dann doch ein sehr langer Tag.
Furnas und der Terra Nostra Garden
Pünktlich um 9.00 Uhr wurde ich von Diogo bei meiner Unterkunft abgeholt. Nachdem ich mir weitere fünf Unterkünfte auf der Insel angesehen hatte, konnte es dann mit der Erkundung São Miguels losgehen. São Miguel ist die größte Insel des Archipels und ca. 745 km² groß. Die höchste Erhebung der Insel ist der Pico da Vara mit 1.104 m Höhe. Auf der Insel leben derzeit ca. 137.500 Einwohner, was die Insel etwas „urbaner“ macht als die kleineren Nachbarn. Wir fuhren nach Vila Franca do Campo, der ehemaligen Inselhauptstadt. Im Jahre 1522 wurde die Stadt bei einem Erdbeben völlig zerstört und konnte daraufhin mit der Entwicklung Ponta Delgadas nicht mehr Schritt halten, wodurch letztere kurzerhand zur Hauptstadt der Insel ernannt wurde. Vila Franca do Campo ist eine geschäftige Kleinstadt und zählt nur ca. 5.000 Einwohner, sie erscheint jedoch deutlich lebhafter. Hoch über Vila Franca lockt ein begehrter Aussichtspunkt und ein Motiv, das auf vielen Postkarten der Azoren zu finden ist – die Kapelle „Ermida de Nossa Senhora da Paz“. Die Fahrt dorthin ist aufregend und es geht steil bergauf. Am Berg anfahren sollte für Azorenbesucher ohnehin kein Problem darstellen, denn die Inseln sind allesamt sehr bergig und teilweise wirklich steil. Berühmt sind die verzierten Stufen der Kapelle und oben angelangt, hat man einen traumhaften Blick über Vila Franca und die gesamte Umgebung. Weiter ging es nach Furnas, wo es die berühmten und einzigen heißen Schwefelquellen der Azoren gibt. Diese verändern permanent ihre Größe und Aktivität und da über die Jahre viele Touristen nicht glauben wollten, dass das Wasser der Quelle ca. 98 °C heiß ist, gab es immer wieder Unfälle. Die Quellen sind nun über einen kleinen Holzsteg begehbar, der umzäunt ist. Die Schwefelquellen sind wirklich ein Spektakel und gerade an einem frischen und bewölkten Tag ein gutes Ausflugsziel, da durch die kühlere Außentemperatur der Dampf der heißen Quellen besonders gut zu sehen ist. Eine ca. zweistündige Wanderung um den Lagoa das Furnas, der direkt an den Quellen liegt, ist eine schöne Abwechslung und bietet Ruhe und Natur pur.
Wer möchte, kann sich am See auch ein Tretboot mieten. In den heißen Erdlöchern wird auch eine Spezialität São Miguels, der Cozido, gekocht. Dieses Gericht sollte jeder Gast der Insel einmal probieren. Cozido ist ein Eintopf mit Gemüse (meist Kohlarten, Süßkartoffeln und Möhren) und verschiedenen Fleischsorten. Durch das sanfte Garen in Tontöpfen im heißen Boden wird das Fleisch besonders zart. Morgens um fünf Uhr werden die Töpfe in den Boden gelassen und ca. 6 Stunden lang gekocht. Für Restaurants gibt es eine separate Stelle und im Sommer gibt es unter den Einheimischen einen regelrechten „Kampf“ um die besten Plätze, denn dann kommen die Familien am See und an Picknickplätzen zusammen und bringen ihren eigenen Cozido mit. Auch ich durfte die Spezialität probieren und war begeistert. Bis auf die Blutwurst, die ich noch nie sonderlich mochte, war der Teller schnell aufgegessen.
Anschließend habe ich den Park Terra Nostra Garden besucht, ein großer botanischer Garten mit einem warmen Naturschwimmbecken. Die vielen Wege durch den Park sind gesäumt von exotischen Pflanzen und das ganze Jahr über blühen hier die verschiedensten Blumen. Unseren Kunden empfehle ich, sich wirklich viel Zeit für den ca. 12 ha großen Park zu nehmen, denn hier findet man Ruhe zum Entspannen und es lassen sich viele Pflanzen finden, die jedem Botaniker den Atem rauben. Ein Bad im warmen Becken gehört natürlich auch dazu. Hier sollte man nicht seine schönsten Badesachen und ein weißes Handtuch mitnehmen, denn das Wasser ist durch seinen hohen Eisengehalt bräunlich gefärbt. Bei konstanten 38 °C schwimmt man wie durch eine riesengroße Badewanne und hat dazu den schönen Park um sich herum.
Anschließend sind wir dann Richtung Norden der Insel zu Europas einzigen Teeplantagen gefahren. Auf der Plantage „Plantacões de Chá Gorreana“ kann man die Teeproduktion gut nachverfolgen. Ca. 45 ha groß ist die Plantage und zwischen April und September wird alle 14 Tage Tee geerntet. Führungen werden für Individualreisende nicht angeboten, aber da man die Produktion live mitverfolgen kann, erklären sich viele der Schritte von selbst. Der Tee wird hier überwiegend per Handarbeit produziert und in einem kleinen Raum kann man die Sorten gleich probieren. Es werden grüner und schwarzer Tee angebaut, welche sehr mild sind. Exportiert wird heute nur noch wenig. Auch ein kleiner Souvenirshop ist hier zu finden, wo man sich für zu Hause mit azoreanischem Tee eindecken kann. Nach diesem ereignisreichen Tag fuhren wir zurück zur Unterkunft und beendeten diesen mit einem kleinen Spaziergang am Hafen und einem Snack.
Kraterseen Sete Cidades und Lagoa da Fogo
Der Freitag begann mit dem Besuch einer Ananasplantage in Fajã de Baixo. Es war sehr interessant zu sehen, wie die azoreanische Ananas angebaut wird. Anders als beispielsweise in Costa Rica, werden die Pflanzen in Gewächshäusern gepflanzt und nach ca. 1,5 Jahren geerntet. Um die Pflanze zum Blühen zu bringen, wird sie mit einem speziellen Räucherverfahren „geärgert“. In den verschiedenen Gewächshäusern kann man die unterschiedlichen Wachstumsphasen gut nachvollziehen. Bei schönstem Sonnenschein und klarer Sicht ging es dann nach Sete Cidades, wo die beiden Kraterseen Lagoa Azul und Lagoa Verde liegen. Von drei unterschiedlichen Aussichtspunkten aus habe ich fleißig Fotos gemacht, denn durch den Sonnenschein kamen die tollen Farben besonders zur Geltung. Selbst mein Guide war ganz begeistert von dem fantastischen Wetter und hat ebenfalls viele Fotos gemacht. Es lohnt sich also bei gutem Wetter alle Pläne, die man hatte, fallen zu lassen und nach Sete Cidades und zum Fogo Vulkan zu fahren. Als Individualreisender ist man dabei sehr flexibel. Der bekannteste Aussichtspunkt ist der „Vista do Rei“, welchen aber auch immer sehr viele Touristen anfahren. Es lohnt sich also auch an kleinen, versteckten Stellen zu pausieren, wo man die Aussicht fast alleine genießen kann. Im Dorf Sete Cidades gab es dann eine kurze Kaffeepause.
Weiter ging es über die Brücke der beiden Kraterseen. Diese war einst eine Landbrücke. Da der Wasserspiegel aber kontinuierlich stieg, wurde eine künstliche Brücke angelegt. Im Anschluss ging es weiter und ich habe mir noch zwei Unterkünfte angesehen und ein wenig mit den Besitzern geplaudert. Generell ist zu sagen, dass die Besitzer der kleineren Unterkünfte und Quintas unglaublich nett sind und sich mit viel Herz um ihre Gäste kümmern. Die Azoreaner sind ein sehr aufgeschlossenes und hilfsbereites Volk und haben stets ein Lächeln auf den Lippen. Noch ganz überwältigt von den vielen Eindrücken ging es dann entlang des spektakulären Kraters auf Schotterpisten durch die wunderschöne Landschaft. Zwischen Ribeira Grande und dem Lagoa da Fogo liegt das friedliche Naturreservat Caldeira Velha. Es ist bei Reisgruppen besonders beliebt. Man muss 2,- Euro Eintritt bezahlen, aber der Besuch lohnt sich sehr, denn hier befindet sich ein Stück Dschungel mitten im Atlantik. Zwischen den vielen Farnen tauchen wunderschöne Naturpools auf. Zeit für ein Bad hatte ich leider nicht, aber bei 38°C (im unteren Becken) lässt es sich sicher gut aushalten. Im obersten Becken ist es mit 25°C Wassertemperatur etwas kühler, aber dafür ist hier auch die Kulisse spektakulärer. Erhitzt wird das Quellwasser von warmen Schwefelquellen.
Gerne wäre ich hier noch etwas geblieben, aber es wartete schon der imposante Lagoa do Fogo auf mich. Auf 600 Metern Höhe wurde es auf einmal recht frisch und auch etwas Nebel und Wolken bildeten sich, was den Kratersee aber nicht weniger interessant erscheinen ließ. Da der Wasserstand niedrig war, konnte ich den Sandstrand sehen. Die Ruhe dort oben ist unbeschreiblich. Wer mutig ist und sich bis nach ganz oben bis zum Pico da Barrosa (ca. 950 m) traut, den erwartet Natur pur und ein wunderschöner Blick auf den See. Da ich nicht selbst fahren musste und mein Fahrer geübt war, steile Straßen zu bezwingen, hatte ich das Glück diesen tollen Ausblick zu genießen. Wäre es nicht so bitterkalt dort oben gewesen – ich wäre sicher noch länger geblieben. Nach einem traumhaften Tag ging es dann zurück nach Ponta Delgada. Den Abend konnte ich in einem Fischrestaurant am Hafen mit einer Kollegin ausklingen lassen. Für Gäste, die auch gerne einmal bis in die Nacht tanzen gehen, sei gesagt: Ponta Delgada eignet sich gut dafür.
Inselrundfahrt Terceira
Nach einer durchtanzten Nacht sollte es früh morgens zum Whale-Watching gehen. Mit müden Augen schaute ich aus dem Fenster und sah Sturm, Regen und ungemütliches Wetter. Mit dem Verdacht, dass die Walbeobachtungsfahrt nicht stattfinden würde, lief ich den Hafen entlang. Es war sehr windig und wirklich kalt. Bei dem Büro angekommen, das die Fahrten durchführt, warteten schon zahlreiche weitere Gäste. Doch kurz darauf teilte man uns mit, dass die Walbeobachtungsfahrt wegen der hohen Wellen heute zu gefährlich wäre und diese daher abgesagt werden müsse. Etwas enttäuscht, da dies meine einzige Möglichkeit zur Walsichtung war, ging es also wieder ins Hotel. Immerhin konnte ich so nochmal etwas Schlaf nachholen. Kurz darauf holte mich dann ein Fahrer ab und ich wurde zum Flughafen gebracht, wo es dann nach Terceira ging. Mit einem Propeller-Flugzeug, vor dem ich zuerst etwas Respekt hatte, waren wir in einer halben Stunde schon auf der nächsten Insel und der Flug war wirklich angenehm. Auf Terceira war das Wetter leider nicht besser und es war der einzige Tag während meiner Reise, an dem es dauerhaft regnete. Terceira hat seinen Namen bekommen, da diese Insel als dritte des Archipels entdeckt wurde. Zufällig ist sie mit 445km² auch die drittgrößte Insel. Anders als São Miguel ist die Insel eher flach und hat nur wenige Berge. Auf Terceira wird wirklich jeder Fleck Erde für die Landwirtschaft genutzt, weswegen die Einheimischen auch scherzhaft sagen, dass es mehr Kühe als Einwohner gibt, was allerdings wahr ist und auch auf die anderen Inseln zutrifft. So konnte ich bei meiner Fahrt über die Insel zahlreiche Kühe beim Weiden beobachten. Zwischendurch habe ich mir wieder einige der Unterkünfte auf der Insel angesehen. Terceira ist bekannt für seine „Touradas“ – Stierkämpfe, die den ganzen Sommer über stattfinden. Anders als man es aus Spanien kennt, werden die Stiere an einem Strick von einer Auswahl an Männern gehalten und jeder Bürger, der sich traut, läuft vor den Stieren auf einem gekennzeichneten Straßenabschnitt her und reizt ihn mit Schirmen oder was auch immer er bei sich hat. Als Zuschauer kann man sich hinter den vielen Trockenmauern in Sicherheit wiegen und sich das Spektakel ansehen. Während meines Aufenthaltes hatten die Stierkämpfe noch nicht begonnen und ich habe nur vereinzelt einen der Stiere friedlich auf der Weide gesehen, wo die Tiere auch nach den Kämpfen wieder entspannen dürfen. Trotzdem sind in den Schaufenstern Angras oftmals Bildschirme, auf denen die größten Pannen der Kämpfe abgespielt werden, sodass man sich auch dann ein gutes Bild von dem Spektakel machen kann. Terceira ist außerdem bekannt für seine bunten Heilig-Geist-Kapellen. Diese Kapellen gibt es auf allen Inseln der Azoren, doch nur auf Terceira sind sie so bunt. Meist ziert eine Krone die Spitze. Die Kapellen sind wichtiger Bezugspunkt für die Einheimischen, besonders während der Heilig-Geist Feste von Ostern bis Pfingstsonntag. Auch sonst gilt Terceira als Insel der Feste, denn den ganzen Sommer über finden hier zahlreiche Festivals statt, zu denen auch die Bewohner der anderen Inseln gerne kommen.
Beim Schlendern durch Angra konnte ich die vielen schönen und alten Gebäude ansehen und fotografieren und am kleinen Sandstrand wagte bei dem frischen Wetter sogar ein Junge ein Bad in den Wellen. Abends gab es ein leckeres Thunfischsteak in einem Hafenrestaurant, bevor es zurück zur Unterkunft ging.
Wanderparadies São Jorge
Am Morgen ging es dann zurück zum Flughafen Terceira, wo ich in ein noch kleineres Propeller-Flugzeug gestiegen bin. Da es an diesem Tag etwas stürmisch, aber wunderbar sonnig war, war die Landung etwas unsanft, aber am Flughafen auf São Jorge wartete schon meine nette Reiseleiterin für heute. Es ging sofort los zur ersten Unterkunftsbesichtigung. Die Besitzerin der nächsten Unterkunft, die ich besichtigen wollte, war gerade nicht da, da sie einer Freundin bei der Vorbereitung eines Heilig-Geist-Festes half. Jeden Sonntag zwischen Ostern und Pfingstsonntag findet das Fest in einem anderen Dorf statt und wird jedes Jahr von einer anderen Familie organisiert. Die Familie sucht dann meist Kinder aus, die gekrönt werden und in der Woche vor dem festlichen Sonntag wird im Haus ein kleiner Altar errichtet, zu dem die Woche über abends das ganze Dorf kommt und den Rosenkranz betet. Sonntags gibt es dann eine große Feierlichkeit mit Zeremonie, einem großen Mittagessen und Blasmusik. Die Zeremonie war bereits vorbei, aber ich wurde spontan zum Mittagessen mit 320 Einheimischen eingeladen – ein wirklich einmaliges Erlebnis! Das Mittagessen wird „Sopas“ genannt und besteht aus süßem Brot mit Brühe und Rindfleisch. Die Menschen waren sehr freundlich zu mir und auch sehr neugierig. Nach diesem deftigen Essen haben wir dann eine Inselrundfahrt gemacht. São Jorge hat mich dabei landschaftlich von allen Inseln am meisten fasziniert, da die Berge unheimlich steil sind und die Vegetation in wunderschönen Grüntönen leuchtet. Die Insel ist etwas ursprünglicher als die anderen und auch traditioneller. Überall gibt es schöne Aussichtspunkte, an denen man halten und die Natur und den Ausblick auf die Nachbarinseln Pico oder Faial genießen kann. Bei sehr klarem Wetter sieht man sogar manchmal Graciosa. Unterwegs haben wir bei einer kleinen Kaffeeplantage gehalten und uns den Kaffeeanbau angesehen und natürlich verkostet. Durch die mikroklimatischen Bedingungen wachsen in den Ortschaften die exotischsten Pflanzen. São Jorge ist bekannt für seinen leckeren Käse, der auch auf den anderen Inseln gerne angeboten wird. Die berühmte Käsefabrik war allerdings geschlossen, da es sonntags war. Zum Abend habe ich mir noch einige weitere Unterkünfte angesehen. Dann ging es zum Hafen Velas, wo meine Fähre nach São Roque auf Pico gehen sollte. Die Fähre kam leider eine halbe Stunde zu spät an und São Roque war wegen zu stürmischer See gesperrt, sodass wir bis nach Madalena um die halbe Insel Pico herum fahren mussten. Die Fährfahrt ging somit ca. eineinhalb Stunden und hatte es in sich. Obwohl ich nicht seekrank bin, musste ich permanent Reisekaugummi kauen, um nicht die netten Beutel benutzen zu müssen. Viele Einheimische benötigten ihre Tüten, aber laut der Crew war dies auch eine besonders schlimme Überfahrt, die es so eher selten gibt. Wir kamen aber alle sicher im Hafen von Pico an und konnten dann auch schon wieder über die Fahrt lachen. Auf Pico fiel ich dann nur noch ins Bett.
Rund um Pico
An diesem Tag war die Inselrundfahrt auf Pico geplant. Zuerst ging es Richtung Norden der Insel, wo ich mir einige Adegas ansehen konnte, in denen der bekannte Wein aus Pico hergestellt wird. Die Produktion läuft in einigen Teilen noch recht ursprünglich ab. Hinter den Adegas kann man sehen, wie sich die Weinbauern fortbewegt haben, als es noch keine Straßen gab. In die Lavagesteinsschichten, welche uneben sind, wurden Fahrrinnen wie einst im alten Rom erstellt, wo die Rinderwagen entlangfahren konnten. Diese Fahrrinnen sind bis heute gut zu sehen und wirklich beeindruckend. Generell ist die Landschaft auf Pico ganz anders als auf den anderen Inseln. Lavagestein ist typisch für die Insel und ermöglicht den Weinanbau. Durch die Sonne erwärmen sich die Steine und speichern die Wärme. Auch das Meerwasser der Naturschwimmbecken, die von Lavagestein umgeben sind, erreicht im Sommer eine angenehme Temperatur von 25 °C. Weiter ging es Richtung São Roque Hafen, wo auch die alte Walfabrik zu sehen ist. Heute befindet sich im Inneren ein Museum, welches montags aber geschlossen hat, sodass ich nur einen kleinen Blick ins Innere erhaschen konnte. Vor der Walfabrik steht ein Denkmal für die Harpuniere und außen sind an die Fabrik all die Bestandteile des Wals geschrieben, die die Menschen damals verwertet haben. Nachdem ich mir einige Unterkünfte auf Pico angesehen habe, ging es nach Lajes, dem Hauptpunkt für Walbeobachtungstouren. Bei unserem Partner Espaço Talassa habe ich auch an einem Briefing vor den Walfahrten teilgenommen, das jeder, der dort eine Tour macht, erhält. Wenn es einige deutschsprachige Gäste gibt, wird das Briefing auch mal in Deutsch abgehalten. Der Besitzer Serge aus Frankreich hat das Unternehmen 1989, also kurz nachdem der Walfang verboten wurde, gegründet und ist heute die erste Anlaufstelle für Walbeobachtungstouren. Er hätte auch noch einen Platz im Boot frei gehabt, aber so hätte ich meine Fähre am Abend nach Faial verpasst. Es sollte für mich dieses Mal wohl einfach nicht klappen mit der Walbeobachtungsfahrt.
Von Lajes aus konnte ich den wunderschönen Pico (2.351m und höchster Berg Portugals) perfekt sehen und bei dieser klaren Sicht auch den Schnee auf der Spitze des Berges erkennen. Anschließend ging es auf fast 900 m Höhe, wo ich mir einen kleinen Kratersee anschauen konnte. Da der Winter in diesem Jahr sehr mild war und es fast gar keinen Regen gab, war der Wasserstand ungewöhnlich niedrig. Überall neben den Straßen grasen die Kühe und aus dieser Höhe sind die Ausblicke ganz fantastisch. Auf Pico gibt es außerdem mehrere Parks mit Grillmöglichkeiten und kleinen Wanderwegen. Einen davon haben wir dann besucht und auch ein Rehgehege war dort angelegt. An diesen vielen Plätzen auf den Azoren herrscht vollkommene Ruhe, sodass man die Natur gänzlich genießen kann. Nach einem Spaziergang ging es dann weiter zu einer kleinen Grotte (nicht Gruta das Torres). Dort unten ist es ziemlich rutschig und in der geschützten Zone wachsen viele Farne und Pflanzen. Zum Abschluss durfte ich dann noch die Weingebiete, die zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurden, besichtigen. Die Felder scheinen endlos lang zu sein und sind überall durch kleine Mauern aus Lavagestein vor Wind geschützt. Von einer roten Windmühle aus hat man die beste Aussicht auf die Weinfelder. Abends ging es dann mit der Fähre nach Faial. Dort angekommen, gab es ein Glas Gin Tonic bei Peter Cafe Sport – ein absolutes Muss, wenn man Faial besucht. Dort kam ich gleich mit einer kleinen Gruppe Seglern ins Gespräch, die ebenfalls an diesem Tag Faial erreicht haben. Im Inneren der Bar geht es urig gemütlich zu. Überall hängen Flaggen und stehen Mitbringsel aus verschiedenen Ländern. Nebenan gibt es für Fans auch noch einen kleinen Souvenirshop. Im Anschluss bin ich nach Hause gegangen und habe noch eine Weile auf meinem Balkon gesessen.
Der Krater von Faial und Capelinhos – das neue Land
Am letzten Tag meiner Azorenrundreise stand Faial auf dem Programm. Zuerst wurden mal wieder einige Unterkünfte besucht, bevor etwas Zeit für die Erkundung der Insel zur Verfügung stand. Es ging auf den Monte da Guia, von dem aus man eine wunderbare Sicht auf Horta und die Dörfer im Westen der Insel hat. Entlang kleiner, gemütlicher Dörfer wie Castelo Branco ging es dann zu einer der beeindruckendsten Gegenden der Azoren – Capelinhos, was so viel bedeutet wie „neues Land“. Von 1957 bis 1958 spuckte der Vulkan Capelinhos, ein Unterwasservulkan, Asche. Zuvor hatte es starke Erdbeben gegeben und durch den Vulkanausbruch kam es zu massenhaften Auswanderungen, vor allem vom Westen der Insel nach Amerika oder Kanada. Aus dem Atlantik tauchte dann eine Insel auf, wodurch Faial um 2,4 km² wuchs. Heute ist dieses Stück Land durch Brandung und Wind um drei Viertel kleiner geworden. Die Landschaft hier sieht völlig anders aus. Während es nur wenige Kilometer weiter in verschiedenen Grüntönen leuchtet, ist die Gegend rund um den ehemaligen Vulkanausbruch mit einer Wüsten- oder Mondlandschaft zu vergleichen. Touristen können hier eine Wanderung machen. Der ehemalige Leuchtturm, der bis zur dritten Etage in Asche und Sand versunken ist, wurde zu einem unterirdischen Vulkanmuseum umfunktioniert, welches höchst beeindruckend ist, sodass ich trotz Zeitdruck zweieinhalb Stunden dort verbracht habe. Es gibt verschiedene Filme, die Augenzeugenberichte beschreiben, viele vulkanische Ausstellungsstücke und es werden die Vulkane aus aller Welt erklärt und wissenschaftlich eingeschätzt. Man kann dort, wie ich es gemacht habe, an einer Führung (englischsprachig) teilnehmen, was empfehlenswert ist, da die Mitarbeiter alle Wissenschaftler sind und sich sehr gut mit der Materie auskennen. Wer ein wenig Sport treiben mag, der steigt die 100 Stufen des Leuchtturms hinauf, was zwar anstrengend ist, aber mit einer fantastischen Aussicht über „das neue Land“ belohnt wird. Zwar war es sehr stürmisch, aber mit einer guten Windjacke kann man es einige Minuten auf dem Leuchtturm aushalten.
Nach Besichtigung der eindrucksvollen Landschaft, ging es dann zur Caldeira von Faial. Wer Zeit hat, sollte hier eine Wanderung rund um die Caldeira machen, eine der schönsten Wanderungen hier auf der Insel. Für mich ging es am Nachmittag dann zum Flughafen. Auf der Fahrt konnte ich immer wieder schöne Blicke auf den Pico der Nachbarinsel erhaschen. Von Faial flog ich anschließend zurück nach São Miguel, wo ich am Abend noch in einem sehr guten Restaurant essen (Reserva Bar – unbedingt vorab reservieren!) und in einer Bar den letzten Abend mit meinen Kollegen vor Ort verbracht habe.
Abschied vom schönen Atlantik-Archipel
Nach nur sehr wenig Schlaf ging es ganz früh morgens zum Flughafen. Das Hotel hat mir auf Wunsch eine kleine Frühstücksbox bereitgestellt und der Fahrer wartete schon auf mich. Bei Sonnenaufgang hob der Flieger ab und bot uns Fluggästen einen unvergesslichen Blick auf den Himmel. Am Frankfurter Flughafen wurde ich dann ebenfalls mit bestem Wetter und 25°C willkommen geheißen. Die Azoren werde ich privat auf jeden Fall nochmal besuchen und mir dann mehr Zeit für die Inseln lassen, da es so viel zu entdecken gibt. Die Farben, die Menschen und die frische Luft vermisse ich jetzt schon und ich kann das Reiseziel nur wärmstens empfehlen!